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In aller Ruhe, Cadillac Series 452, 1930-1937 (2)-1652

Published in radical-classics.com

Cadillac Series 452, 1930-1937 (2)

Noch nicht erstellt
(Der erste Teil der Geschichte - hier.)

Interessanterweise handelte es sich beim Cadillac-V16 um einen doppelten Reihen-Achtzylinder; interessant deshalb, weil Cadillac sich lange Jahre gegen den Bau von Reihen-Motoren gewehrt hatte. Das Triebwerk, das in einem 45-Grad-Winkel gebaut war, verfügte über eine sehr kurze, fünffache gelagerte 2-4-2-Kurbelwelle, die ohne grossen Aufwand ausbalanciert werden konnte. Es konnten sowohl bei der Konstruktion wie auch der Produktion viele vorhandene Teile des V8 verwendet werden, was die Stückkosten senkte und den Unterhalt erleichterte, auch wenn der V16 natürlich bedeutend mehr Aufmerksamkeit brauchte als der sehr robuste Achtzylinder. Weitere Unterschiede zu den «kleineren» Cadillac bestanden im verstärkten Rahmen, dem doppelt geführten Auspuff-System, dem grösseren Kühler, der längeren Antriebswelle, der verstärkten Kupplung den schwereren Federn und den vergrösserten Bremsen, die zudem von einer Vakuum-Hydraulik unterstützt wurden.

Da General Motors Ende der 20er Jahre bereits über ein eigenes Testgelände verfügte, konnten Hunderttausende von Testkilometern unter Ausschluss der Öffentlichkeit gefahren werden. Auch bei der Gestaltung der V16-Karosserien herrschte völlige Geheimhaltung. Das war nicht unbedingt ein Problem, weil der verantwortliche Designer Ernest Scherbera von Fleetwood kam, einem Unternehmen, das ebenfalls zum GM-Imperium gehörte.

Die Series 452 wurde im Januar 1930 vorgestellt, und man weiss, dass damals gerade einmal drei Fahrzeuge fertig waren; der erste gebaute 16-Zylinder war ein Landaulet Imperial. Bis Ende 1931 gab es dann allerdings über 50 verschiedene Karosserie-Varianten, alle von Fleetwood, mit einer einzigen Ausnahme, ein Coupé von Fisher (wahrscheinlich die Chassisnummer 2904). Ab 1931 wurden die Karosserie-Formen wie folgt aufgeteilt: 4100 Madame X, 4200 Carriage-Stil (Fahrzeuge mit Trittbrettern), 4300 Standard, und noch einmal 4300 Pennsylvania.
Cadillac Series 452 Seven-Passenger Limousine, Fleetwood, 1933.

Cadillac Series 452 Seven-Passenger Limousine, Fleetwood, 1933.

Cadillac Series 452 Imperial Convertible Sedan, 1935.

Imperial Convertible Sedan von 1935. Radstand: 3,91 Meter.

Man merkt schon in dieser Aufzählung, dass ein eigentliches Chaos herrscht, und es gab diverse Fleetwood-Entwürfe, die eine Bestell-Nummer hatten, aber (wahrscheinlich) nie gebaut wurden. Und was, bitt'schön, bedeutet «Madame X»? Man weiss nicht, wie Chefdesigner Harley Earl auf diesen Namen kam, doch es gab Anfang der 20er Jahre in den USA ein bekanntes Theaterstück, das diesen Namen trug (und später mit Lana Turner in der Hauptrolle verfilmt wurde).

Was aber klar ist: der Cadillac-V16 war sicher der feinste Motor jener Jahre - und er gilt noch heute als eine der grossartigsten Motor-Konstruktionen überhaupt. «Das lauteste Geräusch, das man bei einem Cadillac-Sechzehnzylinder im Leerlauf vernehmen kann, ist das Zünden der Kerzen», schrieb ein gewisser John Bond damals, «und beim Fahren hört man höchstens das Ansauggeräusch der mächtigen Lufttrichter.»Cadillac Series 452 Seven-Passenger Limousine by Fleetwood, 1933.

Cadillac Series 452 Seven-Passenger Limousine, Fleetwood, 1933.

Cadillac Series 452 Seven-Passenger Limousine by Fleetwood, 1933.

Imperial Convertible Sedan von 1935. Radstand: 3,91 Meter.

Cadillac Series 452 Seven-Passenger Limousine by Fleetwood, 1933.
Cadillac Series 452 Seven-Passenger Limousine by Fleetwood, 1933.
Cadillac Series 452 Seven-Passenger Limousine by Fleetwood, 1933.
Nicht ganz so überzeugend war der Benzinverbrauch, ein Journalist beschrieb, «auf den 20 Meilen von Cannes nach Nizza verbrauchte der Wagen fünf Gallonen» - das wären dann gut 60 Liter...

Auch die Fahrleistungen wurden immer wieder kritisiert, vor allem in Europa. Dort wurde der Cadillac mit den feinsten Sportwagen verglichen, die es damals gab, etwa mit dem 8-Liter-Bentley sowie so genannten «speed models», speziell für Fahrleistungs-Messungen präparierten Fahrzeugen, einem Hispano-Suiza V12, einem Rolls-Royce Phantom II. Cadillac machte bei diesem Wettrüsten aber nicht mit, man sah in Detroit die Series 452 ja nicht als Rennwagen, und die Höchstgeschwindigkeit von etwa 150 km/h mit der längsten lieferbaren Übersetzung (4,07:1) war durchaus beachtlich. Ausserdem war der Antrieb ja auf Durchzug ausgelegt, und da konnte dem Cadillac niemand das Wasser reichen, mit Ausnahme des Duesenberg. Und vielleicht der Marmon 16 (eine 8-Liter-Maschine, etwa 200 PS, komplett aus Aluminium konstruiert), doch von diesem wunderbaren Wagen wurden innerhalb von drei Jahren nur gerade 390 Exemplare hergestellt.

1934 verordnete Cadillac seinem Top-Modell mehr Leistung, der V16 erreichte ohne nennenswerte konstruktive Eingriffe dann 185 PS bei 3800/min (er drehte aber locker und auch unter Dauerbelastung über 4000/min); einige speziell präpapierte Fahrzeuge sollen auch 250 PS erreicht haben. Nicht vergessen werden soll in diesem Zusammenhang aber auch, dass Owen Nacker aus dem V16 auch gleich noch einen V12 «gebastelt» hatte, 6 Liter Hubraum, etwa 135 PS. Und weil dieser Motor deutlich geringere Abmessungen hatte, liess er sich auch die klassischen V8-Chassis einbauen - diese deutlich leichteren Fahrzeuge erreichten ausgezeichnete Fahrleistungen, für den sportlichen Fahrer waren sie die bessere Wahl als der «Sixteen».
Cadillac Series 452 Convertible Sedan, Fleetwood, 1934.

Cadillac Series 452 Seven-Passenger Limousine, Fleetwood, 1933.

Ab 1934 verfügte die Series 452 dann über eine vordere Querlenker-Einzelradaufhängung, was das Fahrverhalten deutlich verbesserte. Auch an einer Servolenkung sowie an einem automatischen Getriebe arbeitete Cadillac damals schon, doch die V16 kamen nicht in den Genuss dieser bahnbrechenden Erfindungen, sie wurden damals noch nicht als serienreif erachtet. 1936 lief bei Cadillac dann ein neuer V8 vom Band, der mit seinen 5,7 Litern Hubraum und 135 PS ein so gutes Angebot war, dass die V16 und V12 so ein bisschen alt aussahen.

1930/31 wurden insgesamt 3250 Cadillac mit dem V16 gebaut - von welchen Aufbauten wie viele Fahrzeuge entstanden, das ist dann eine Doktorarbeit. Man weiss genau, wohin die Series 452 ursprünglich verkauft wurde, so gingen in den ersten zwei Jahren 571 Stück nach New York, 247 nach Chicago, aber auch 18 nach Berlin und 13 nach Madrid. 1932 wurden noch 296 16-Zylinder gebaut, 1933 noch 125, 1934 waren es gerade noch 56, 1935 noch 50. Im Jahr 1936 wurde die Series 452 in Series 90 umbenannt, 52 Stück wurden gebaut, 1937 waren es dann noch 49 Exemplare. Insgesamt wurden also 3878 Exemplare hergestellt (für die allerdings 4425 Serienummern verwendet wurden...).

Und dann, 1938, entschied sich Cadillac zu einem radikalen Schnitt: der 16-Zylinder wurde nicht aufgegeben, sondern komplett neu konstruiert. Doch das ist dann eine andere Geschichte, die wir selbstverständlich auch noch erzählen werden. Irgendwann.

Mehr Cadillac gibt es im Archiv.


Original: radical

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