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radical14 (17) , radical14 (17) Porsche 911 GT3

Published in radical-mag.com

Porsche 911 GT3

Noch nicht erstellt
Der «Sieger» stand ja eh schon fest. Für die deutschen Kollegen sowieso, da bleiben sie im Herzen dann schon patriotisch, und für die beiden radicals ja eigentlich auch; der Markus noch ein bisschen mehr als ich (deshalb «musste» er ja auch den Ferrari schreiben - und ich den Porsche...). Denn am Ende des Tages ist es ein 911er, und wenn es dann auch noch ein GT3 sein kann, dann ist auch bei uns (quasi) alles klar. Kein Turbo-Gewinsel, alles reduziert auf das wirklich Wesentliche, genügend Pferdchen, Käfig, die besten Sitze, ein praktischer Spoiler zum Espresso-Trinken. Rot.

Gut, da war noch ein anderer Roter (nein, nicht der Jaguar). Mit unnötigen Streifen. Aber den lassen wir vorerst aussen vor. Ja, wir sollten ja jetzt auch ein bisschen jammern über die nicht mehr vorhandene, nicht einmal mehr bestellbare manuelle Schaltung im GT3. Und nein, es ist nicht so, dass wir jetzt und hier schreiben, das PDK-Zeugs ist doch derart gut, dass wir das händische Reissen gar nicht vermissen. Aber wir haben verstanden: es muss so sein. Nicht nur aus technischen Gründen. Es geht auch um Abgasnormen. Und Entwicklungsgelder. Die enorm gewesen wären, wahrscheinlich, wenn man doch noch einmal ein neues manuelles Getriebe hätte entwickeln müssen. Das dann ausser ein paar Freaks eh niemand bestellt hätte. Wie man schon beim gewöhnlichen 911er sieht.

Andererseits sind wir ja extrem glücklich, dass man in Zuffenhausen weiterhin auf eine Unterscheidung zwischen GT2 und GT3 Wert legt, also: zwangsbelüftet oder eben nicht. Es wird dieser GT3 der letzte seiner Art sein, die nächste Generation wird dann auch einen Turbo haben (dann wird es die Unterscheidung auch nicht mehr brauchen). Und vielleicht sogar nur noch vier Zylinderchen. Also wollen wir es doch einfach geniessen, dieses letzte Fest. Es ist eins, ein grosses.


Eines jenseits unseres fahrerischen Könnens, jenseits unserer Fähigkeiten in diesem so schönen Zusammenspiel zwischen Händen und Füssen und Augen, jenseits unseres Mutes im täglichen Kampf gegen die Uniformierten und auch die Physik. Wir sind ja Helden - aber leider nur des Alltags. Und so ein GT3 hat eigentlich mehr verdient, hardcore, grob, professionell, genug Kohle, um an jedem zweiten Wochenende einen Satz Reifen durchzulassen. So müsste ein GT3 bewegt werden, er kann das. Was auch immer wieder als Argument gegen den anderen Roten verwendet wurde: der GT3 kann Alltag und Rennstrecke und nach Hamburg und zurück - und der andere Rote wahrscheinlich nicht so (wir wissen es allerdings nicht, denn das ist auch in Italien viel besser geworden als einst).






3,8 Liter Hubraum, das ist bekannt, 475 PS bei 8250/min, 440 Nm bei 6250/min als maximales Drehmoment, da reicht dann für 315 km/h Höchstgeschwindigkeit und den Paradesprint von 0 auf 100 km/h in 3,5 Sekunden. Alles extrem, auch wenn der andere Rote und der McLaren auf dem Papier noch extremer sind. Doch es geht ja auch immer darum, wie man das empfindet. Wie man das nutzen kann. Der 911er hat da gegenüber dem McLaren sicher den Vorteil, dass wir den Blinker auch im Dunkeln finden und die richtige Sitzposition blind und halt auch wissen, wie sich das Ding bewegen lässt, auch wenn es ein bisschen flotter sein darf. Und nicht gleich zusammenbrechen, wenn die Kiste sich ihren eigenen Weg suchen will, nicht gleich von unserem eigenen Adrenalin gelähmt auf dem Bock sitzen, nur weil das Gerät so ein bisschen ausserhalb unseres fahrerischen Könnens liegt. Ja, es liegt eine gewisse 911er-Gewöhnung vor, und das ist gut so - und alles andere als langweilig.

Weil es halt auch so ist, dass in diesem Fahrzeug 50 Jahre Erfahrung stecken. Selbstverständlich lässt sich ein 991er-911er nicht mit seinem Grossvater vergleichen, da ist viel passiert unterdessen, die Leistung hat sich vervierfacht, der Verbrauch ist aber gesunken (12,4 Liter sollen es beim GT3 sein im Schnitt) - und er ist trotz deutlich mehr Power eigentlich einfacher zu fahren. Unendlich gute Bremsen. So einigermassen ans Limit kommt man beim GT3 sowieso nur auf der Rennstrecke - ansonsten sind es Fahrfehler. Die er aber liebevoll verzeiht. Fast so ein bisschen mit einem Lächeln. Natürlich ist er bretterhart, man spürt, ob die auf dem Asphalt geworfene und von dem Michelin Pilot Sport überfahrene Zigarette einen Filter hatte oder nicht, doch das ist alles nicht unangenehm - man erwartet es ja so. Und man will es ja nicht anders. Und dann diese Bremsen. Es sind Wände, in die man da fahren kann, wenn man da richtig zutritt. Und richtig zutreten, das macht ja schnell.
Was man halt auch will, immer wieder, das hat Sucht-Potenzial: die Drehzahl. Er will gejagt werden, der GT3, die wahre Freude ist ab 5000/min, sie potenziert sich bei 6000, bei 7000, bei 8000, und man soll auch die 9000 nicht auslassen. Dann geht dieses Spiel wieder von vorne los, und man ist sowieso schon jenseits als Beschränkung, also kommt es jetzt auch nicht mehr darauf an, wenn man es noch einmal durchspielt. Autobahn, klar, da ist er der Hecht und auch der Hirsch, aber das kann ja auch jeder Turbodiesel, doch so richtig lustig, fröhlich ist die Land- und die Passstrasse - auch wenn man in den erste Kurven denkt, da ist etwas kaputt. Weil da hinten einer jeweils einen Tritt gibt. Stimmt, ganz vergessen, die Hinterräder lenken ja auch noch mit (oder dagegen), maximal 1,5 Grad. Tönt nicht nach viel, aber die Wirkung ist grandios (wenn man sich dann daran gewöhnt hat) - und irgendwie auch nötig, die 10 Zentimeter mehr Radstand im Vergleich zum Vorgänger sind halt schon viel. Was aber ein ganz allgemeines 991-Problem ist, das Adipöse (nicht in Form von Gewicht, aber die doch eher ausladenden Masse). Der Grip ist mit den Michelin grossartig (wenn man sie denn je auf Temperatur bringt...), aber auch auf der nassen Trainingsstrecke war es richtig, richtig spassig, man weiss genau, wie der Hase läuft, und auch wohin. Könnt aber auch am eingebauten Käfig und dem Feuerlöscher liegen, dass wir manchmal so ein bisschen übermütig wurden...

Der 911 steht als GT3 mit 190'300 Franken in der Preisliste. Das ist im Vergleich zum McLaren und zum anderen Roten ein Schnäppchen, auch ein 911 Turbo kostet deutlich mehr; als schärfsten Konkurrenten sehen wir intern sowieso den ganz gewöhnlichen GTS (also: nur heckgetrieben). Wer das Spaziergeld hat, sollte sich eine Anschaffung eines GT3 dringend ins Auge fassen, denn eben, bald ist fertig mit lustig. Keine Drehzahlorgien mehr. Sogar ich würd wahrscheinlich den Roten nehmen; ich weiss bloss nicht so recht, welchen (also: ganz sicher nicht den Jag). Wir empfehlen dringend den #radical14-Text zum GT3 von Fabian Mechtel zur Lektüre.

Die Übersicht über alle #radical14-Geschichten gibt es: hier.


Original: radical

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