Open Menu
Open Menu
 ::

Get Shorty, Fahrbericht Audi S1-1509

Published in radical-mag.com

Fahrbericht Audi S1

Noch nicht erstellt
Audi beruft sich zwar gern auf seine lange Tradition, aber eigentlich gibt es das Unternehmen in seiner heutigen Form erst seit 1969; all die Horch, Auto Union und NSU müssen einer anderen Zeit zugerechnet werden. Trotzdem: Auch die «moderne» Audi AG hat schon einige Modelle hervorgebracht, die man bereits als Klassiker bezeichnen darf, allen voran den «quattro», gebaut ab 1980.

Und deshalb schreit Audi auch gerne etwas vom Pionier der Allradtechnik – und der immer noch aktuelle Claim «Vorsprung durch Technik» ist in erster Linie diesem legendären Fahrzeug geschuldet. Erfunden hat Audi den 4x4 bei weitem nicht, auch nicht bei den Personenwagen. Doch eine gewisse Vorreiter-Rolle mögen wir den Ingolstädtern immerhin zugestehen. Und den quattro lieben wir sowieso, siehe auch: hier.

Falls Sie diesen Blick zurück in die Annalen nicht lesen möchten, ein bisserl History muss trotzdem sein. Innerhalb der grossartigen «quattro»-Geschichte gab es dann auch noch den S1. Es war die wildeste Rallye-Version des quattro, also, des Sport quattro, und es entstanden 1984/85 genau 20 Stück. Zwar waren diese S1 nicht besonders erfolgreich, doch nie wieder hat Audi ein derart extremes Gefährt gebaut wie dieses Gruppe-B-Flügelmonster. Schneepflug wurde er auch genannt, weil der Spoiler vorne eher ungesunde Ausmasse hatte.

Jetzt bemüht Audi diese berühmte Bezeichnung wieder. Der neue S1 wird sicher keine Rallye-Siege einfahren, er hat auch keine wilden Spoiler und auch keinen 2,1-Liter-Fünfzylinder-Turbomotor, der im einstigen S1 bis zu 600 PS schaffte. Das neue Modell verfügt über einen 2-Liter-Vierzylinder-Turbo, der es auf 231 PS und ein maximales Drehmoment von 370 Nm bringt; gemeinsam ist beiden S1 immerhin der Allradantrieb. Doch während der Ur-S1 die endgültige Ausbaustufe des «quattro» war, soll der neue S1 Schwung in die Verkäufe des nur mässig erfolgreichen A1 bringen.
Audi S1
Audi S1
Offiziell heisst es bei Audi zwar, das kleinste Modell verkaufe sich «den Erwartungen entsprechend», doch wenn man die erfolgsverwöhnten Ingolstädter kennt, dann weiss man auch, dass sich die Begeisterung in sehr engen Grenzen hält.

Zumindest in der Schweiz, einem traditionell sehr guten Markt für die potentesten Audi-Modelle, dürfte der S1 auf mehr Liebe stossen als der ein wenig biedere – und trotzdem nicht wirklich günstige – A1. Die Fahrleistungen des S1 sind grossartig, in 5,8 Sekunden rennt der Kleine von 0 auf 100 km/h, nach oben ist erst bei 250 km/h Ende. Der Verbrauch soll trotzdem bei nur 7 Litern liegen, dies zumindest gemäss Norm.

Ruft man allerdings die Leistung des S1 ab, dann dürfte der Audi doch einiges durstiger werden. Denn es macht halt richtig Spass, dem kleinen, einigermassen leichten Allradler die Sporen zu geben.
Audi S1.
Audi S1.
Audi S1.
Audi S1.
Audi S1.
Er ist ausserordentlich agil, ein böser Giftzwerg, der zwar über die diversen elektronischen Spielsachen problemlos wieder eingefangen werden kann, doch halt dann die wahre Freude bringt, wenn man ihn von allen Software-Fesseln befreit. Auch gut: Es gibt den S1 (vorerst) nur mit einem manuellen 6-Gang-Getriebe, das passt bestens zum verspielten Charakter des Fahrzeugs, das als 3- und 5-Türer (Sportback) erhältlich ist. Gut, wenn der Pilot wieder einmal arbeiten darf, da trennt sich dann auf der Strasse der Spreu vom Weizen. Und bei schwierigeren Bedingungen sowieso. (Tragisch, wie schlecht gewisse Auto-Beschreiber die Dingers bewegen, die sie dann beschreiben.)

Hey, was haben wir den S1 über Schnee und Eis gehauen. Ui, was hatten wir Spass. Wir. In einem Audi. Spass. Wir schämen uns ein klein wenig, das eingestehen zu müssen. Aber dann bist Du auf dem Eis-See, ESC off, der Driftwinkel beträgt gefühlte 89 Grad, das Heck schon weit im Tiefschnee, aber den Fuss sanft, feinfühligst immer schön auf dem Gas, die Arme verknotet, und er kommt, er kommt doch, dann kommt er plötzlich schneller als erwartet, denn der Radstand ist ja kurz, das Wagerl deshalb etwas giftiger als erwartet, die Trägheit (auch dank der Spikes) geringer als erwartet, und dann ruderst Du weiter, und das Lächeln im Gesicht wird immer breiter. Wenn man es dann mal raus hat, wie schnell er kommt, wohin Du ihn setzen musst - dann kommt die Frau mit der geistigen Fahne und winkt ab und sagt, jetzt ist genug. Wahrscheinlich hatte sie ja recht, ich hätte ihn auf der nächsten Runde vielleicht dann in den Wald geworfen. Oder auch nicht.

Als 3-Türer kostet der S1 knapp unter 40 000 Franken. Das ist viel Geld für so einen kleinen Audi, erscheint uns aber trotzdem vernünftig, denn für den S3, dessen Fahrleistungen nicht entscheidend besser sind, verlangt Audi doch noch einmal ein grobes Aufgeld.Audi S1.
Und der S1 kann alles, was man von einem Audi erwartet: hervorragende Verarbeitung, sehr gute Ergonomie; einzig der Kofferraum ist eigentlich nicht der Rede wert. Aber für den Transport von Möbelkisten ist der S1 auch nicht gedacht – hier steht wirklich die Fahrfreude im Vordergrund. Dazu passen auch die bissigen Bremsen – und der elektro-mechanische Sound-Aktuator, der das Geräusch des «echten» S1 imitieren soll. Den empfinden wir als so unnötig wie einen Revolver-Schuss ins Knie, doch bei Audi geht das seit der Abschaffung des Lamborghini-V10 und der «echten» Fünfzylinder anscheinend nicht mehr anders. Innen: halt A1. Mit ein paar Gimmicks, die wohl den Preis rechtfertigen sollen.

Ach, die Bilder. Er darf halt nicht quer gezeigt werden, der S1, das ist ja eigentlich eine Schwäche. Schade.

Mehr Audi gibt es im Archiv.


Original: radical

Related Items from Catalogue Show Related