Open Menu
Open Menu
 ::

Indian Summer mit der neuen S-Klasse: unsere unglaubliche Fotoreise durch den Schwarzwald

Published in fünfkommasechs.de

Als ich mir zum 30. Geburtstag eine alte S-Klasse und noch im selben Jahr einen neuen Fotoapparat geschenkt habe, wußte ich noch gar nicht so recht, wie ich mit beidem richtig umgehen sollte. Siebeneinhalb Jahre später kann ich an meinem 560 SEL immerhin schon die meisten Betriebsflüssigkeitsstände selbst ablesen – beim Fotoapparat ist dies gottseidank nicht nötig.  Dass genau diese beiden Hobbies aber mal zum Ticket für ein Erlebnis wie am letzten Oktoberwochenende 2013 werden würden, hätte ich mir niemals träumen lassen.

Das eine Hobby (Mercedes-Benz Baureihe 126) aus Sicht des anderen Hobbys (Canon DSLR) betrachtet: der nautikblaue 560 SEL des Autors mit dem für diese Website namensgebenden Hubraum

Ein Mercedes meiner Wahl und ein Wochenende in der “Traube Tonbach”

Was sich liest wie der Hauptgewinn in einem Preisausschreiben war Inhalt eines Anrufs aus Stuttgart vor wenigen Wochen. Einzige Bedingung: möglichst viele tolle Fotos von meiner Reise mitzubringen. Das aber ist ungefähr so, als hätte man von mir verlangt, regelmäßig zu atmen. Eine Selbstverständlichkeit eben! Dabei hat es mir später durchaus noch den Atem verschlagen, aber der Reihe nach.

Natürlich war keine andere Antwort als “ja” denkbar, und die Frage nach dem “Fahrzeug meiner Wahl” stellte sich erst gar nicht. Das Auto, das man mir am letzten Freitag des Oktobers nach Frankfurt brachte, war denn auch etwas ganz besonderes!

Ein erstes, vor Aufregung verwackeltes Handyfoto unseres Stuttgarter Fotomodells am konspirativen Übergabeort in Frankfurt. Ein nagelneuer S500 mit kurzem Radstand und gehobener Ausstattung (Magic Body Control, Kühlschrank, Vierfach-Massagesitze, Panorama-Glasdach etc.)

Um kurz vor 20 Uhr traf Herr Dreikommanull aus Köln ein. Zu meiner Verteidigung (auch wegen Spa-Hotel und so): ich hätte ausdrücklich ein hübsches Mädel mit auf die Fotosafari nehmen dürfen, die dann nach Herzenslust die Annehmlichkeiten unseres Traumhotels hätte in Anspruch nehmen können. Aber wenn es um die S-Klasse geht, dann braucht es halt schon das “alte Ehepaar” von fünfkommasechs.de, und das erwies sich auch diesmal wieder als Dream Team.

Mit dem Stromlinienwagen auf Rosemeyers Schicksalsstrecke

Die schnurgerade A5 von Frankfurt in richtung Süden hat eine unrühmliche Vergangenheit. Hier auf der ersten so genannten “Reichsautobahn” verunglückte dereinst Bernd Rosemeyer bei einem Geschwindigkeits-Rekordversuch. Wir waren entsprechend vorsichtig und fuhren die meiste Zeit nur etwa halb so schell wie er: gerade einmal über 220 km/h, was dennoch mehr als doppelt so viel auf dem Tacho entsprach wie bei unseren ersten Probefahrten mit dem W222 in Toronto, wo das allgemeine Tempolimit von 100 km/h gilt. Die wenigsten Kanadier werden also je eine so verblüffende Erfahrung machen können wie wir an diesem Freitagabend.

Man nimmt bei hohem Tempo den Fuß vom Gas und hat sofort das mulmige Gefühl, dass der Motor weiter Schub produziert. Normalerweise ist die Verzögerung im hohen Geschwindigkeitsbereich und bei entsprechend starkem Winddruck deutlich spürbar. Hier aber hatten wir den eindrucksvollen Beweis, was ein cW-Wert von 0,24 in der Praxis ausmacht. Der 455PS starke V8 unseres S500 hatte uns mühelos bis zum Winterreifen-Limit von 240km/h katapultiert, aber der Fahrtwind vermochte es selbst mit Unterstützung des erhöhten Rollwiderstandes nicht, unser Sternenschiff abrupt aus dem Hyperraum zu reissen.

An diesem 25. Oktober 2013 war also wieder ein Rekordwagen auf der geschichtsträchtigen Strecke unterwegs: die derzeit strömungsgünstigste Luxuslimousine der Welt!

Wieder eine Parallele des W222 zum W126. Damals waren die Fahrer der Vorgänger-Baureihe 116 extra darauf hingewiesen worden, daß es bei der “Neuen S-Klasse” entgegen der Gewohnheit nicht mehr ausreichen würde, nur den Fuß vom Gas zu nehmen, um für die Autobahnausfahrt ausreichend abzubremsen. Die “Windschattenseiten” einer strömungsgünstigen Karosserie, die man selbst als Fahrer eines halbwegs modernen W211 noch gegenüber dem W222 deutlich wahrnehmen kann.

Per Dauerfernlicht und Standdrehzahl durch den Schwarzwald

Abseits der Autobahnen zeigt der S500 erst so richtig seine Cruising-Qualitäten. Eigentlich ein “470 SE” nach alter Heckdeckel-Nomenklatur und damit hubraumschwächer als sein Pendant aus den Achtzigern, dafür liegen satte 700Nm Drehmoment schon bei 1800 U/min an. In der Praxis schlägt sich das “Downsizing” des neuen Triebwerks also keineswegs in einer erhöhten Drehzahl nieder, ganz im Gegenteil! Dabei müssen hier gut 300 Kilo mehr bewegt werden als noch vor einem Vierteljahrhundert. Achtet auch im Video oben mal auf den Drehzahlmesser!

Während die Nacht vor uns in taghelles LED-Licht getaucht ist, vorausfahrende und entgegenkommende Fahrzeuge dabei dynamisch aus dem Lichtfeld der vier sich flink bewegenden Pupillen unserer S-Klasse ausgespart werden, “säuselt der Motor im Standgas vor sich hin”, wie Marc es trefflich bemerkte. Es muss eben nicht immer Krawall sein – auch das exakte Gegenteil kann den Insassen ein Dauergrinsen bescheren, wenn bei zügiger Landstraßenfahrt gerade einmal 1000 U/min anliegen, und das am ehesten wahrnehmbare Fahrgeräusch das Rauschen der Winterpneus ist.

Nächtliche Ankunft am Freitagabend – für’s Foto nachgestellt am Samstagabend. Denn selbstverständlich muss der Gast sein Gepäck nicht selbst entladen ;-)

Ein echtes Sternenwochenende in der “Traube Tonbach”

Oweia, ich gebe es zu: ich als Hesse hatte bis dato noch nie etwas von der “Traube Tonbach” gehört… und nun ist es raus! Als ich aber einem guten Freund von mir – ebenfalls leidenschaftlicher Autonarr – von meinem Wochenendausflug mit der neuen S-Klasse erzählte, war er weit mehr von der genannten Unterkunft beeindruckt als von der Luxuslimousine. Obwohl oder gerade weil er selbst in leitender Position in der Nobel-Hotelerie arbeitet.

“Sehr cool, das mit der S-Klasse. Aber Du warst in der Traube Tonbach eingeladen???” fragt er mich ungläubig, als wir gerade bei einem Herrenabend im Restaurant seines eigenen 5-Sterne-Arbeitgebers zusammensitzen. Die Traube ist aber nicht nur in der Branche legendär.

Sternklare Nacht, Stern auf der Haube, drei Michelinsterne für die Küche unseres Fünf-Sterne-Hotels, überwiegend Sternenkreuzer auf dem Parkplatz davor: vor lauter Sternenglanz könnte man sich bei Ankunft in der Traube Tonbach durchaus selbst wie ein Star oder auch Sternchen fühlen – spätestens wenn der Concierge die S-Klasse für uns parkiert – doch die familiäre Atmosphäre des Traditionsbetriebs ist heilsam gegen jegliche Allüren, die man hier als Gast haben könnte.

Das Haus ist schon in der 9. Generation in Familienhand und trotz seiner inzwischen stattlichen Kapazität von mehr als 300 Betten kein touristischer Fremdkörper, sondern gleichsam organisch gewachsen und noch immer mit der umgebenden Landschaft und den Menschen eng verwurzelt.

Die weitläufige Hotelanlage der Traube Tonbach bei Baiersbronn im malerischen Tonbachtal

Ein weiser Mann aus Hanau, der einen nautikblauen 560 SEL fährt, hat einmal gesagt: “Man ist erst eins mit einem Ort, wenn man das regionale Bier probiert hat”. An der Hotelbar tun wir daher – ganz entgegen unserer asketischen Lebensweise ;-) – unsere Pflicht und nehmen das eine oder andere frischgezapfte Alpirsbacher Klosterbräu zu uns, um den nächsten Tag besser planen zu können.

In der Frühe sind wir zu einer Hotelführung eingeladen, die Marc aber höchstwahrscheinlich alleine wahrnehmen wird. Mein Zeitplan wird vor allem von der Sonne bestimmt werden, auf die ich schon vor Morgengrauen mit der S-Klasse warten werde, um alsdann das Licht so lange auszunutzen wie es lohnt. Erst dann werde auch ich frühstücken wollen und wir beide dann gemeinsam zu unserer Tagesreise zum Bodensee und durch die Natur starten.

Fotografen sind auch Vampire: Torschlusspanik vor Sonnenaufgang

Als der Wecker klingelt ist es 5 Uhr früh. Ich bin glockenhell wach, dabei ist es Ende Oktober noch mindestens eineinhalb Stunden stockfinster. Aber ich muß ja nicht nur die frühzeitige Erkundung eines möglichen Fotostandorts im Umkreis von einigen Kilometern zeitlich mit einplanen, sondern auch die Erkundung der Räumlichkeiten im Umkreis meines King-Size-Bettes. Unsere Gastgeber hatten es nämlich so gut mit uns gemeint, dass sie mir offenbar die “Sonderklasse” ihrer Hotelzimmer im Neubau reserviert hatten. Und das bedeutet bei einem Hotel dieser Kategorie Laufwege allein von der Dusche zum Kleiderschrank, die man zeitlich mit einplanen muß ;-)

Gerade noch rechtzeitig am Aussichtspunkt: Morgengrauen über Baiersbronn im Schwarzwald

Ich war denn auch gerade rechtzeitig geduscht, angezogen und samt Equipment an der Position, die ich mir die Tage zuvor ungefähr via Google Earth ausgeguckt hatte: Talblick richtung Osten, der Morgensonne entgegen. Der aufsteigende Nebel, den ich mir so sehr für die Fotos gewünscht hatte, war in perfekter Dosis vorhanden. Aber er bedeutete auch, dass die S-Klasse beschlagen und der Boden klatschnass war.

Gottseidank hatte Herr Dreikommanull eine Küchenrolle des extrasoften “Bounty” im Kofferraum hinterlassen – der Mercedes unter den Saugtüchern!

Da stand ich also nun auf meiner ersten Fotoposition, einer Wiese oberhalb von Bauernhöfen, stakste mit klatschnassen Stiefeln und im Storchenschritt (bloss das Gras nicht runtertrampeln) frierend um “mein” nagelneues 125.000-Euro-Auto, das derzeit noch so selten wie ein Ferrari auf Deutschlands Strassen war, und dessen V8-Motor im Leerlauf große Dampffahnen aus seinen beiden Endrohren entließ, während ich den riesigen Karosseriekörper hektisch mit Küchentuch trockenrieb. Dass der vorbeifahrende Bauer auf seinem Trecker keinerlei Notiz von diesem Schauspiel auf seiner (!) Wiese nahm, verstörte mich fast mehr als die Tatsache, daß es gleich schon zu hell für echte Dämmerungsbilder sein würde.

Klick, klick, klick – wenn man genau hinschaut, dann sieht man, dass ich den Bereich um den Tankdeckel beim Trockenwischen vergessen hatte. Nun ja…

Nächste Station: ein malerischer Winkel des Tals, der laut Google Earth genau in Lichtachse für die ersten Sonnenstrahlen lag und eine saubere Teerstrecke als Untergrund für das Fotomodell bot. Bingo! Das war der rechte Fleck zum richtigen Zeitpunkt und es gelangen gleich mehrere stimmungsvolle Aufnahmen.

Um 8:37 Uhr war auch der “Moneyshot” im Kasten und ich schon etwas beruhigter. Eine zweite Chance mit diesem Licht würde es nicht geben, denn für den nächsten Tag war Regen vorhergesagt.

Falls Ihr selbst fotografiert, dann kennt Ihr vielleicht dieses sonderbare Gefühl, wenn plötzlich alles stimmt und man Angst hat, es trotzdem nicht einfangen zu können. Als hätte jemand Geldscheine aus einem Flugzeug abgeworfen und man hat Mühe sie alle einzusammeln, bevor der Wind sie wieder davonwehen würde. Am Ende erwischt man gar keinen, weil man zu lange panisch umhergerannt ist.

So geht es auch dem Fotografen in der “Magic Hour”. Die hält im Herbst zwar deutlich länger an als im Juni, wo die Sonne fast übergangslos an- und ausgeknipst wird, aber dennoch schwindet Ende Oktober die Magie der flach einfallenden, goldenen Sonnenstrahlen sekündlich, je später der Vormittag wird.

Am Ende aber hatte ich die selbst gesetzte Mindestanzahl an guten Fotos schon im Kasten und war beinahe froh, dass sich der Himmel jetzt langsam zuzog. Sonst hätte ich nicht aufhören können, trotz völlig durchnässter Schuhe, großem Durst und schrecklichen Begegnungen mit den wilden Tieren des Schwarzwalds: man merkt, daß man ein verweichlichter Stadtmensch ist, wenn man beim Anblick einer noch vor sich hin dösenden Blindschleiche am Bachlauf fast seine Fotoausrüstung von sich wirft…

Jetzt freute ich mich auf ein phantastisches Frühstück und ließ mir dabei von Herrn Christiansen berichten, wie dessen Hotelführung derweil gewesen war. Ich staunte nicht schlecht über das, was er über unser Domizil hier im Schwarzwald erfahren hatte. Ein altehrwürdiges Haus, in dem wir hir zu Gast sein durften.

Und trotzdem sollten wir beide wenige Minuten später zu gemeinen Hoteldieben werden!

Letzte Sonnenstrahlen am Samstagmorgen. Allmählich zieht Hochnebel auf – und damit endlich Zeit zum Frühstücken!

Gelegenheit macht Diebe: ja, wir haben den “Goldschmuck” geklaut

S500 mit “Goldschmuck” in der Wirbelschleppe

Das hier ist die Seitenansicht des Bildes, an das ich beim Thema “Indian Summer mit der S-Klasse” von Anfang an dachte: Teleshot von vorne oder achtern, vom Fahrtwind aufgewirbeltes Laub, das unsere S-Klasse harmonisch einrahmt und ihr zugleich eine gewisse Dynamik verleiht. Den perfekten Spot dafür zu finden, idealerweise mit langer Blickachse in Fahrtrichtung und Herbstwald im Hintergrund, vor allem aber ausreichend losem Laub auf dem Boden, ist in genau dieser Kombination gar nicht so einfach wie man denken würde!

Wir waren gerade auf dem Weg zum Parkplatz, wo gerade überall groß reinegemacht wurde, als Marc die geniale wie dreiste Lösung unseres möglichen Requisitenproblems fand: da lehnte ein prallgefüllter Müllsack mit wunderschönem, goldenem Herbstlaub an einer Mauer, den der Gärtner für die weitere Entsorgung hier abgestellt hatte. Leider haben wir den guten Mann nicht mehr selbst angetroffen, aber sollte er sich je gefragt haben, was mit einem Teil seiner Gartenabfälle vom Morgen des 26. Oktober 2013 passiert ist, er schaue sich das Foto unten an, aufgenommen auf einem baumlosen Feldweg irgendwo richtung Bodensee, wo es garantiert kein solches Laub zuvor gegeben hatte, denn das war im Kofferraum mit uns erst dorthin angereist :-) Wir bitten um Verzeihung, liebes Traube-Tonbach-Gärtnerteam!

Die vielleicht schönste Art, Gartenabfälle zu entsorgen: unser Fotomodell braust durch das selbst mitgebrachte Herbstlaub ;-)

Eismeer mit Alpenpanorama: das sagenhafte Schloss Meersburg

Solche kriminellen Aktivitäten kosten natürlich Zeit, deshalb trafen wir leider erst mit deutlicher Verspätung an unserem Etappenziel Schloß Meersburg ein, wo wir schon erwartet wurden. Die Betriebsleiterin persönlich hatte eine Sonderparkerlaubnis für uns bereit gehalten und führte uns durch das Schloß, dessen Pächter seit einiger Zeit ebenfalls Familie Finkbeiner aus Tonbach ist. Eine Location, wie sie sich Hochzeitspaare oder Eventmanager nicht besser malen könnten. Dazu für jedermann ein schmuckes Café mit malerische Terrasse im Schloßgarten und einem atemberaubenden Blick über das “schwäbische Meer”, das an diesem frühen Herbstnachmittag nur widerwillig seine Nebeldecke abstreifte.

Schon bei unserer Anfahrt hinuner in die Ebene hatten wir uns einige Male voll auf den Lenkassistenten unserer S-Klasse verlassen müssen angesichts dieses atemberaubenden Anblicks, der uns immer wieder vom Verkehrsgeschehen abzulenken drohte.

Wir stimmten mit Herrn Finkbeiner junior, der uns ebenfalls persönlich auf Schloß Meersburg begrüßte, in allen Punkten überein, daß der Bodensee zum Pflichtprogramm für jeden Schwarzwaldurlauber gehören sollte. Und das auch, weil wir an Ort und Stelle noch mit einer sündhaft leckeren Schokotorte bestochen wurden. Ihr merkt: dieser Reisebericht kann nicht mehr objektiv werden! Aber es ist nichts geschönt oder gelogen – auch bei allem Unglück, das mich noch am selben Tag ereilen sollte!

Die Alpen und das Schwäbische Meer – gesehen von der Terrasse Schloß Meersburg

60 Jahre Mercedes-Geschichte: der Scheunenfund am Wegesrand

Auf unserer Rückreise nach Baiersbronn erblickten wir im Augenwinkel einen wahren Schatz hinter einer Einfahrt. Hatte sich das Hotel schon wieder eine wunderbare Überraschung für uns einfallen lassen? Zuzutrauen wäre es ihnen ja gewesen.

Ein Mercedes W120 “Kleiner Ponton” wurde da gerade zusammen mit einem baugleichen Schwesterfahrzeug für den Abtransport vertäut. Der Wagen dürfte lange einen Schneewittchenschlaf geschlafen haben, das sah man ihm an. Diese einmalige Gelegenheit zu einem Familienfoto mit ihm konnten wir uns nicht entgehen lassen!

Aus seiner Sicht des Ponton-Mercedes sicher ein Kulturschock in dieser sensiblen Aufwachphase. Dennoch trug er sein bestmögliches Fotogesicht! Und unsere vor drei Tagen erst zugelassene S-Klasse der Gegenwart trifft somit fotografisch auf die sogar noch mit Spinnenweben bedeckte “E-Klasse” der 1950er-Jahre.

Ja, ihr habt gerade richtig gelesen: unser S500 war gleichsam für diesen Fotojob erst zugelassen worden, das zumindest legt der Fahrzeugschein nahe. Und trotz eines Anfangskilometerstandes von immerhin bereits etwas über 2000 km war vieles im Auto noch nie benutzt worden. Der fahrdynamische Beifahrersitz knisterte bei seiner ersten Benutzung, die Fernbedienung und Kopfhörer des Fond-Entertainment waren noch verschweisst, der Flacon für die Innenraumbeduftung fehlte noch und an einigen Hebeln und Tasten klebte noch Schutzfolie, als wir den Wagen in Empfang genommen hatten. Eigentlich hätten wir ein “Unboxing Video” mit dieser S-Klasse drehen wollen, so wie es vielfach auf Youtube für begehrenswerte Elektronikprodukte zu finden ist.

Alleine über diese einmalige Gelegenheit zu reflektieren, eine S-Klasse auf der ersten großen Fahrt ihres Autolebens begleiten zu dürfen, war uns kaum möglich. Im Hotel wartete schon die nächste Sensation des Tages auf uns:

Heimliches Handyfoto unseres ganz besonderen Desserts

ein Sternedinner mit einem eigens für uns kreierten Dessert! Dies sind die Momente der Reue darüber, daß wir kein Gourmet-Blog betreiben, denn ab hier wäre ein eigener Artikel über Herrn Florian Stolte und sein Küchenteam der Traube Tonbach dringend notwendig, um der Nachwelt zu dokumentieren, dass manch wahres Kunstwerk unserer Zeit nicht in der Vitrine oder im Bilderrahmen, sondern nirgendwo sonst als in der “Köhlerstube” der Traube-Tonbach zwischen Silberbesteck präsentiert wird. Amen & Chapeau!

Es hätte der krönende Abschluß eines traumhaften Tages werden können, ohne etwaige Abstürue mit Knochenbrüchen, doch Marc und ich sind unheilbare “Maniacs”, wenn sich uns solch eine Gelegenheit bietet: eine nagelneue S-Klasse, eine traumhafte Landschaft und eine sternklare Nacht. Ausgestattet mit der S-Klasse von Canon, einem Fotostativ und drei kleinen Fläschlein Rothaus Tannenzäpfle im Fond-Kühlschrank unseres S500 machten wir uns auf den Weg in die Nacht, um irgendwo da draußen per Langzeitbelichtung die Magie von Fahrzeug und Firmament bei einem kühlen kleinen Bier auf den Sensor zu brennen.

Per “Night Vision” durch die Nacht

Ein Mercedes prahlt nicht mit seinen Assistenzsystemen, aber er bietet sie im entscheidenden Moment rechtzeitig an. Nötigenfalls auch ohne erst das Placet seines Eigners abzuwarten.

Schon der 126er reagierte schneller als sein Steuermann, wenn bspw. die Bodenhaftung abhanden zu kommen drohte. Fast 35 Jahre später darf man von einer S-Klasse nicht weniger erwarten, als daß sie jedwede Gefahr für Fahrzeug und Insassen im Voraus erkennt – und mehr als das. Wir waren selbst verblüfft, als wir bei einigen unserer nächtlichen Ortsdurchfahrten urplötzlich das Nachtsicht-Bild im Kombi-Instrument aufflackern sahen, begleitet von einem Warnpiepsen und mit rot markierten Personen im Sichtfeld der Infrarot-Kamera, die nach Meinung der Künstlichen Intelligenz unseres W222 potentiell dessen Fahrbahn kreuzen könnten.

In fast allen Situationen waren die Personen mit bloßem Auge (noch) nicht zu erkennen, als sie bereits von unserer S-Klasse erfasst worden waren. Das System arbeitet permanent im Hintergrund und meldet sich nur bei Gefahr, wie im Videoscreenshot unten zu sehen.

Auf Wunsch kann man die “Night Vision” natürlich auch permanent auf den Bildschirm holen. So taten wir es in dieser Nacht bei der Anfahrt zu einem unserer ersten Fotostandorte, als es über sehr enge Wege durch dichten Wald ging. Alle Warmblüter würden dabei vom System erkannt und markiert werden, wobei die S-Klasse sogar zwischen Mensch und Tier unterscheiden kann!

Wir waren allerdings mutterseelenallein und hielten alsbald auf einer Lichtung für die erste Langzeitbelichtung per Kamerastativ.

Die Kamera sammelt dabei über eine halbe Minute oder länger das spärliche Licht der an sich pechschwarzen Umgebung ein, und man kann die Magie zusätzlich unterstützen, in dem man während dieser Zeit einzelne Objekte in der Umgebung mit einem abnehmbaren Fotoblitz beleuchtet.

Das bedeutet in der Praxis, daß Herr Schlörb weitehend blind um das Fahrzeugs rennt, um während der Belichtungszeit die Tannen der Umgebung mit einem kurzen Blitz aus der “Flashgun” zu illuminieren. Das geht so lange gut wie man die genaue Topographie der Umgebung kennt. Ausgerechnet bei unserem letzten Motiv an einem Steilhang ging es aber kolossal schief…

Vor Dummheit und Leichtsinn schützt auch die S-Klasse nicht

Ein Tritt ins Leere, ein auffrischender Fahrtwind um die Nase und die Gewissheit, daß es gleich schmerzhaft werden dürfte. Noch während meines Fluges erinnerte ich mich, dass es auf unserer Herfahrt neben dem engen Waldweg ziemlich steil bergab gegangen war. Nach einer harten Landung war ich umso erleichterter, dem Gefühl nach auf einem schrägen Grashang gelandet zu sein. Sehen konnte ich ja nicht viel in der pechschwarzen Nacht. Schade, dass die S-Klasse mit ihrer Infrarot-Kamera nicht in meine Richtung geschaut hatte. Dürfte ziemlich lustig ausgesehen haben.

Marc stand noch beim Fotostativ und wartete schon eine gefühlte Ewigkeit auf mich, als ich humpelnd eintraf. Meine rechte Hand tat jetzt schon ziemlich weh, trotzdem mußte ich über das Mißgeschick lachen. Ab jetzt brauchte ich für jeden Handgriff seine Hilfe und war außerdem froh, dass er uns zurück zum Hotel fahren würde.

Wirklich Sorgen machte ich mir über meine “geprellte” Hand nicht. Deshalb nutzten wir auch am nächsten Tag das – wider Erwarten – traumhafte Wetter am Vormittag für weitere Fotos. Das Tonbachtal mit der Ausflugshütte unseres Hotels, ein Sägewerk in malerischer Umgebung,  die Strecke richtung Baden-Baden mit Zwischenstation an einem archaisch anmutenden Wasserkraftwerk, und schließlich in Baden-Baden selbst noch das Motiv mit unserer S-Klasse vor dem Café König, wo mir ein heißer Apfelstrudel mit Vanilleeis vorübergehend jedwede Schmerzen nahm.

Kaffeepause in der Confiserie König im mondänen Baden-Baden

Carl-Benz-Denkmal statt Schwarzwaldklinik

Mit dem Wissen nach der Analyse diverser Röntgenbildern und CTs der darauffolgenden Woche, dass sich bei meinem unfreiwilligen Stunt in der Samstagnacht mein rechtes Handgelenk in inoperabel viele Fragmente aufgelöst hatte, die nur durch eine gute Physis meiner Handmuskulatur wieder so beisammen lagen, dass sie vielleicht doch wieder perfekt zusammenwachsen können, hätte ich trotzdem der spontanen Idee von Marc zugestimmt, einen zusätzlichen Abstecher zum Carl-Benz-Denkmal nach Mannheim zu machen. :-) Immerhin half eine kühlenden Salbe aus der Apotheke jetzt etwas gegen das Pochen im Handknochen. Und so ein Foto mit der Nachbildung des Patent-Motorwagens und unserer S-Klasse war es allemal wert, das Röntgen-Shooting beim Onkel Doktor noch etwas zu verschieben.

Das Carl-Benz-Denkmal in Mannheim, das derzeit mitten in einer Baustelle steht

Wir waren sogar noch so verrückt, nach der alten Fabrikhalle mit der Aufschrift “Benz & Cie.” im Daimler-Werk Mannheim zu fragen. Tatsächlich wären wir mit unserem Werkswagen mit seinem orange-roten Aufkleber sogar auf das Gelände gelassen worden, wie Marc am Werkstor erfuhr. Nur Fotos hätten wir ohne eine extra Genehmigung nicht dort machen dürfen, deshalb war das Unterfangen am Ende für die Katz.

Nach weniger als 48 Stunden waren wir wieder am Ausgangspunkt unserer Reise in Frankfurt angekommen. Die S-Klasse hatte knapp 1000 Kilometer mehr auf dem Tacho, ich rund 1700 Fotos im Gepäck und neuerdings einige Knochen mehr im Körper, und wir beide soviel schönes zu erzählen, wie manch anderer nach einem zweiwöchigen Urlaub nicht. Auch deshalb ist dieser Reisebericht hier etwas umfangreicher geraten :-) Schön, daß Ihr bis hierhin mitgelesen habt! Und denkt bei Eurer nächsten Urlaubsplanung ruhig auch mal daran, wie schön es in Deutschland sein kann!

Mit der eigenen S-Klasse durch den Schwarzwald – das wäre doch mal was, oder?

Alle Bilder unseres erlebnisreichen Fotowochenendes findet Ihr hier: [KLICK]

Original: 5komma6

 

Related Items from Catalogue Show Related